Nass oder trocken? Schneiden oder schaben? Kurz oder lang? Rund oder kantig? - Bürsten? Färben? Nein, ich will hier niemandem die Haare schneiden! Die obigen Fragen haben sich durchaus auch Drechsler gestellt und oft mit erstaunlicher Kreativität beantwortet. So sind im Laufe der langen Tradition, auf die das Drechslerhandwerk zurückblicken kann, die unterschiedlichsten Arbeitstechniken entstanden. Einige dieser Techniken, insbesondere solche, mit denen ich mich selbst schon beschäftigt habe, möchte ich in den folgenden Beiträgen vorstellen.

Tubus einer Uhrmacherlupe ersetzenDie alte Uhrmacherlupe (im Bild links) hat mir über Jahrzehnte in Beruf und Hobby gute Diesete getan. Neulich, als ich nach ihr greifen will, stelle ich überrascht fest, dass die Linse neben dem gerissenen Tubus liegt. Den naheliegensten Gedanken, zu Klebstoff zu greifen, verwerfe ich sofort wieder: Bietet sich doch hier eine gute Gelegenheit, die alte Technik des Einsprengens an einem realen Beispiel selbst auszuprobieren!

Sauber und präzise gedrehte HolzkugelnEine möglichst exakte Holzkugel mit genau vorgegebenem Durchmesser mit hoher Oberflächengüte mit vertretbarem Zeitaufwand anzufertigen, gehört zu den Königsdisziplinen des Drechslerhandwerks und setzt Übung und Erfahrung voraus. Wer schließlich Fingerfertigkeit und Augenmaß tüchtig geschult und/oder sogar in eine Kugeldrehvorrichtung investiert hat, stellt dann aber möglicherweise ernüchtert fest, dass er mit Holzkugeln gar nicht allzu viel anfangen kann! Schon Spannagel warnte bereits 1940 in seinem Drechslerwerk vor der Verwendung der Kugelform als Gestaltungselement an gedrechselten Gegenständen:

LinksdrechselnDie Beschäftigung mit dem Linksdrechseln habe ich sofort begeistert begonnen, als ich in dem Buch icon_external_dark Steinert und Hegewald:"Der Drechsler"
VEB Fachbuchverlag Leipzig, Germany
5.Aufl. 1981
einen kurzen Abschnitt gelesen hatte, den ich hier zitieren möchte:

tmb woodthreadIn Museen kann man sie noch oft und teilweise in riesigen Dimensionen entdecken: Gewindespindeln aus Holz! - Was liegt näher, als auszuprobieren, ob wir selbst auch ein schönes Holzgewinde hinbekommen!

spindle_seatDie Anfertigung hölzerner Gewinde mit Schneidkluppe und Gewindebohrer wird auf der icon_external_dark Website von Berthold Cremer sehr ausführlich beschrieben. Die Anschaffungskosten für diese Werkzeuge steigen natürlich proportional mit dem Nenndurchmesser. Will man beispielsweise den alten höhenverstellbaren Hocker (Bild 1) in traditioneller Weise nacharbeiten, würde das passende Schneidzeug wohl bereits die 1000,00€-Grenze sprengen! Da ich selbst keine derartigen Werkzeuge besitze, nutze ich begeistert die Gelegenheit, während eines Besuchs bei Drechslermeister Alfred Baumann zwei Spindeln und die passenden Querholzmuttern anzufertigen.

sorby_thread_chaserWer die Technik des Gewindestrehlens erlernen möchte, benötigt außer einer Drechselbank, deren Spindeldrehzahl sich auf einen Wert zwischen 200 und 400 Umdrehungen pro Minute herabsetzen läßt, für den Anfang lediglich ein einziges Strehlerpaar. Diesen vergleichsweise niedrigen Einstiegskosten, die sich noch weiter reduzieren lassen, indem man sich passende Werzeughefte selbst drechselt, steht aber zweifellos eine von der Geschicklichkeit und Geduld des Ausführenden abhängige, mehr oder weniger lange Einübungszeit gegenüber! Wird das Strehlen erst sicher beherrscht, fügt es sich nahtlos in den übrigen Fertigungsprozess ein.

tmb guilloche1Unter diesem (nicht ganz zutreffenden) Begriff möchte ich Dekorationstechniken beschreiben, die man im professionellen Bereich wohl eher mit Fräsmaschinen ausführen würde. Für Experimente bzw. zur Bearbeitung von Einzelstücken ist die Nutzung der Drechselbank für diesen Zweck aber keinesfalls eine Notlösung, sondern – wie bereits mein erstes Experiment (Bild 1) zeigt - sogar besonders reizvoll.

 

Es gibt gleich drei Gründe dafür, das Metalldrücken mit dem Drechseln in Verbindung zu bringen:
1) Es wird an einer Drechselbank ansgeführt.
2) Zum Berufsbild des Metalldrückers gehört das Drechseln der hölzernen Drückerformen.
3) Wegen 1) und 2) waren Drechsler und Metalldrücker auch traditionell in gemeinsamen Zünften organisiert.

Durch die Einführung moderner Technologien (z.B. Tiefziehverfahren) hat das Metalldrücken an wirtschaftlicher Bedeutung stark eingebüßt. Für Einzelstücke oder Kleinstserien, insbesondere Arbeiten mit kunsthandwerklichem/künstlerischem Anspruch hat diese reizvolleTechnik auch heute noch ihre Berechtigung.

 

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